Bremsen
Allgemeines
Die Bremsen gehören zu den wichtigsten Bauteilen an einem Fahrzeug, insbesondere an einem Motorrad, da dort die Knautschzone fehlt. Meist verrichten sie ihren Dienst im verborgenen und man kümmert sich erst um sie, wenn es quietscht oder qualmt oder sie kaum noch funktionieren. Mit den Bremsen ist nicht zu spaßen, wer nur wenig Ahnung über deren Funktion und Wirkungsweise hat, sollte die Finger auf jeden Fall weglassen und sich nicht scheuen einen Freund oder Kollegen der sich auskennt um Hilfe zu bitten, oder einen Fachmann ranzulassen. Das Geld, das der Fachkundige verlangt, kann sich schon bei der ersten scharfen Bremsung auszahlen. Alle Tipps und Hinweise die ich hier gebe, sind natürlich ohne Gewähr und ich hafte nicht für die Folgen eventueller Fehler oder falscher Beschreibungen.
!!! Also nochmals, im Zweifelsfall lieber die Finger weglassen !!!
Wissenswertes über Bremsflüssigkeit
Die Bremsflüssigkeit hat die Aufgabe, die über den Hand- oder Fußbremshebel eingeleiteten Kräfte und Wege auf den/die Radbremszylinder bzw. Bremssättel zu übertragen. Durch Umwandlung der dynamischen Energie des Fahrzeugs in Wärmeenergie durch die Reibung der Bremse kann die Bremsflüssigkeit bis auf weit über 100 °C erwärmt werden. Da Bremsflüssigkeit hygroskopisch ist, d. h. sie sich gerne mit der Feuchtigkeit der Umgebung vermischt, kann bei Überschreitung der Siedetemperatur des Wassers (ca. 100 °C) dieses verdampfen und es entstehen Dampfblasen. Die Dampfblasen lassen sich durch den (Brems-) Druck komprimieren, wodurch sich der Weg des Bremshebels vergrößert. Das kann soweit führen, dass bis zum Anschlag des Bremshebels kein Druck mehr aufgebaut werden kann. Manchmal kann man durch rasches Pumpen noch etwas Druck aufbauen, in brenzligen Situationen kann es da aber schon zu spät sein. Winzige Feuchtigkeitströpfchen reichen schon aus, um die Bremse versagen zu lassen, da bei der Phasenumwandlung von Flüssigkeit zu Dampf das Volumen um den Faktor 700!! ansteigt.
Das eine solche Gefahr tatsächlich besteht, konnte ich auf der Gardaseetour an Ostern 1997 feststellen. Ich fuhr mit Sozia recht flott einen Pass herunter und musste vor den zahlreichen Kurven oft stark abbremsen. Schon nach wenigen Kehren zeigte meine Hinterradbremse keine Bremswirkung mehr. Nach einigen Minuten (Abkühl-) Pause war der Bremsdruck wieder da. Die Bremsflüssigkeit war 3 Jahre alt, man sollte also schon der Herstellerempfehlung folgen und jährlich die Bremsflüssigkeit wechseln.
Probleme mit den Bremsen, Symptome und deren Ursache
Bauteile einer Scheibenbremse
Wheel Bearing: | Radlager |
Wheel Studs: | Radbefestigungsbolzen |
Disc/Rotor: | Bremsscheibe |
Disc Pads: | Bremsbeläge |
Caliper Assembly: | Bremssattel |
Übermäßiger Bremshebelweg
- Übermäßiger Scheibenschlag drückt die Beläge zu weit zurück (Bremsscheiben abdrehen lassen, Mindestdicke beachten, oder Bremsscheiben wechseln)
- Luft oder nicht genügend Bremsflüssigkeit im Bremssystem (dringend Bremsflüssigkeit ergänzen und Anlage entlüften)
- Ungeeignete Bremsflüssigkeit (dringend Bremsflüssigkeit wechseln und Anlage entlüften. Vorsicht, ungeeignete Bremsflüssigkeit kann die Dichtungen angreifen!)
- Verzogene Bremsbelagträger an einer Trommelbremse (Bremsbelagträger baldmöglichst wechseln)
- Zu großes Radlagerspiel lässt das Rad wackeln und drückt die Beläge zu weit zurück (Bei Motorrädern nur bedingt möglich)
- Beschädigte Bremskolbendichtungen (unbedingt reparieren)
Keine Bremskraft
- Leck im System, beschädigte Kolbendichtungen (unbedingt reparieren)
- Beschädigte Primärmanschette im Hand-/Fußbremszylinder (unbedingt reparieren)
- Luft im Bremssystem (Bremsanlage unbedingt entlüften)
- Kolben verklemmt z. B. nach Wartungsarbeiten (unbedingt reparieren)
Bauteile einer Trommelbremse
Wheel Cylinder: | Radbremszylinder, bei Motorrädern meist nur ein mechanischer Nocken |
Backing Plate: | Bremsankerplatte |
Brake Shoes: | Bremsbeläge |
Self Adjuster | Automatische Nachstelleinrichtung |
Parking Brake Cable: | Handbremsseil (natürlich nur bei Autos) |
Hardware and Springs: | Befestigungsteile und Rückzugsfedern |
Zu weiche Betätigung des Handbremshebels bzw. des Bremspedals
- Luft im Bremssystem (baldmöglichst entlüften)
- Dampfblasenbildung bei heißer Bremse (unbedingt Bremsflüssigkeit wechseln)
Zu harte Betätigung des Handbremshebels bzw. des Bremspedals
- Öl oder Fett auf den Belägen (unbedingt reinigen, wenn möglich. Da das Öl/Fett in die Beläge eindringt, ist ein Belagwechsel empfehlenswert. Ursache/Herkunft der Verunreinigung suchen und beseitigen)
- Festsitzende Kolben in den Radbremszylindern bzw. Bremssätteln (unbedingt reparieren)
- Verglaste oder falsche Bremsbeläge (unbedingt Beläge wechseln)
Übermäßige Hand- bzw. Fußkraft
- Bremsflüssigkeit oder Fett auf den Belägen (unbedingt reinigen, wenn möglich. Da das Öl/Fett bzw. die Bremsflüssigkeit in die Beläge eindringt, ist ein Belagwechsel empfehlenswert. Ursache/Herkunft der Verunreinigung suchen und beseitigen)
- Festsitzende Kolben (unbedingt reparieren)
- Falsche Belagqualität (Beläge unbedingt wechseln)
Hand- bzw. Fußbremshebel pulsiert
- Zu großer Scheibenschlag/unrunde Trommel (abdrehen lassen, dabei Mindestdicke beachten, oder Scheibe/Trommel wechseln)
- Zu großes Radlagerspiel (Bei Motorrädern nur bedingt möglich)
Bremsen werden heiß bzw. schleifen nach Belag-/Scheibenwechsel
- Bremsbelag löst sich nicht, verklemmt oder verschmutzt (unbedingt reparieren)
- Restdruck im System (Spiel, ca. 1 mm, an der Kolbenstange des Hand- bzw. Fußbremszylinders kontrollieren)
- Gleitführungen an dem/den Bremssätteln verschmutzt oder vergammelt. Führungen reinigen und schmieren.
Bremsgeräusche (Rattern)
- Übermäßiger Seitenschlag der Scheibe (Bremsscheiben abdrehen lassen, Mindestdicke beachten, oder Bremsscheiben wechseln)
- Bremsscheibe verzogen (baldmöglichst Bremsscheiben wechseln)
- Übermäßige Stärkeschwankung der Scheibe (Bremsscheiben abdrehen lassen, Mindestdicke beachten, oder Bremsscheiben wechseln)
- Lose Radlager (bei Motorrädern nur bedingt möglich)
Bremsgeräusche (Quietschen)
- Bremssattel lose (unbedingt reparieren)
- Ein-/Ablaufkanten der (neuen) Beläge nicht gebrochen (gibt sich mit der Zeit, bis dahin teilweise höhere Hand-/Fußkräfte notwendig)
- Bremskolben fest (unbedingt reparieren)
- Neue, noch nicht eingeschliffene Beläge (gibt sich mit der Zeit, bis dahin teilweise höhere Hand-/Fußkräfte notwendig)
- Rost-/Verschleißrand an Scheiben oder Trommeln (Rost nicht unbedingt schlimm, Verschleiß u. U. fatal)
Übermäßiger oder ungleicher Belagverschleiß
- Belagführung schwergängig, verschmutzt (baldmöglichst beheben)
- Schwimmrahmen schwergängig, verschmutzt (baldmöglichst beheben)
- Strammgehende(r) Bremskolben (baldmöglichst beheben)
- Verriefte oder korrodierte Scheiben/Trommeln (baldmöglichst beheben)
Bremsflüssigkeit wechseln und Bremsen entlüften
- Wichtige Voraussetzungen: Etwas Fachwissen, ein sauberer Arbeitsplatz und gutes Werkzeug!
- Sicherstellen das alle benötigten Teile vorhanden sind, Bremsleitung, evtl. erforderliche Dichtungen, Bremsflüssigkeit (auf richtige DOT-Nummer achten, z. B. DOT 3, steht im Handbuch bzw. auf dem Bremsflüssigkeitsbehälter), geeigneten Schlauch zum Entlüften der Bremsanlage, geeigneter Auffangbehälter.
- Alle Teile, die nicht mit der Bremsflüssigkeit in Berührung kommen sollen (insbesondere lackierte Flächen) abdecken. Evtl. einen Eimer Wasser zum Abspülen bereitstellen.
!!! Achtung !!!
Bremsflüssigkeit ist wirklich sehr agressiv gegenüber Lacken
und Beschichtungen, nehmt Euch den Rat zu Herzen !!!
- Deckel des Vorratsbehälters öffnen und die alte Bremsflüssigkeit absaugen. Wer keine entsprechende Saugflasche hat, macht beim nächsten Punkt weiter. Leeren Vorratsbehälter mit neuer Bremsflüssigkeit füllen
- Entlüftungsschlauch auf das Entlüftungsventil am Bremssattel aufschieben und das andere Ende in ein geeignetes Auffanggefäß hängen. Handbremshebel bis zum Anschlag durchziehen und halten. Jetzt das Entlüftungsventil öffnen (ca. 1 Umdrehung, eher weniger) und wieder schließen. Handbremshebel wieder ganz loslassen, damit die Bremsflüssigkeit aus dem Vorratsbehälter nachfließen kann. Dann Handbremshebel wieder bis zum Anschlag durchziehen und das Entlüftungsventil wieder öffnen und schließen. Das ganze solange wiederholen, bis die neue Bremsflüssigkeit blasenfrei am Entlüftungsschlauch austritt. Zwischendurch nicht vergessen, den Vorratsbehälter mit neuer Bremsflüssigkeit wieder aufzufüllen, sonst pumpt man sich Luft ins System.
- Zuletzt den Bremsflüssigkeitsstand im Vorratsbehälter auf den vorgeschriebenen Wert auffüllen und den Deckel schließen. Alle Anschlüsse und Befestigungen nochmals kontrollieren. Evtl. mit Bremsflüssigkeit in Berührung gekommene Teile mit viel Wasser reinigen. Dann ist eine vorsichtige Probefahrt angesagt. Nach der Probefahrt alle Anschlüsse und den Vorratsbehälterdeckel auf Dichtheit kontrollieren.
Bremsleitung wechseln
- Wichtige Voraussetzungen: Etwas Fachwissen, ein sauberer Arbeitsplatz und gutes Werkzeug!
- Sicherstellen das alle benötigten Teile vorhanden sind, Bremsleitung, evtl. erforderliche Dichtungen, Bremsflüssigkeit (auf richtige DOT-Nummer achten, z. B. DOT 3, steht im Handbuch bzw. auf dem Bremsflüssigkeitsbehälter), geeigneten Schlauch zum Entlüften der Bremsanlage, geeigneter Auffangbehälter.
- Alle Teile, die nicht mit der Bremsflüssigkeit in Berührung kommen sollen (insbesondere lackierte Flächen) abdecken. Evtl. einen Eimer Wasser zum Abspülen bereitstellen.
!!! Achtung !!!
Bremsflüssigkeit ist wirklich sehr agressiv gegenüber Lacken
und Beschichtungen, nehmt Euch den Rat zu Herzen !!!
- Alle Befestigungsschellen für die Bremsleitung entfernen.
- Deckel des Vorratsbehälters öffnen und die alte Bremsflüssigkeit absaugen. Wer keine entsprechende Saugflasche hat, macht beim nächsten Punkt weiter.
- Bremsleitung unten am Bremssattel lösen und die in der Leitung stehende (ggf. die noch im Behälter vorhandene) Flüssigkeit in einem Behälter auffangen. Manchmal muß noch etwas mit dem Bremshebel gepumpt werden, oder man öffnet ß das obere Entlüftungsventil (bis einschl. Bj. 1993) bzw. löst die obere Hohlschraube der Bremsleitung (ab Bj. 1994) etwas, damit die Luft nachströmen und die Bremsflüssigkeit dadurch leichter abfließen kann.
- Bremsleitung am Handbremszylinder abschrauben und die Leitung, ohne das Bremsflüssigkeitsreste an umgebende Teile kommen (Lappen um Anschlussstück wickeln), entfernen.
- Falls die neue Bremsleitung kein Originalteil sondern eine Stahlflexleitung ist, werden nun die Anschlüsse entsprechend der alten Leitung gedreht und ausgerichtet.
- Neue Bremsleitung entsprechend der alten verlegen und am Bremssattel festschrauben. Neue Dichtungsringe verwenden!
- Mit Hilfe einer Spritze neue (geeignete) Bremsflüssigkeit in die neue Leitung einfüllen, vorsichtig, damit nichts überläuft. Dadurch braucht man die Flüssigkeit später nicht mühsam durchpumpen. Wer das nicht so machen will, macht beim nächsten Punkt weiter
- Bremsleitung am Handbremszylinder anschrauben. Das Gewinde der Bremsleitung bzw. die Hohlschraube (je nach Baujahr) vorsichtig so weit wie möglich mit der Hand einschrauben, das Gewinde im Alu-Zylinder ist gleich hin!! Neue Dichtungsringe verwenden!
- Jetzt wieder alle Befestigungsschellen anbringen und die Bremsleitung auf korrekte Verlegung kontrollieren. Auch bei eingeschlagenem Lenker und eingefederter Gabel darf die neue Leitung nirgendwo den Rahmen, Sturzbügel oder sonstiges berühren. Darauf achten, dass die Leitung bei entlastetem Vorderrad nicht unter Spannung liegt.
- Zum Entlüften der Bremsanlage den Entlüftungsschlauch auf das Entlüftungsventil am Bremssattel aufschieben und das andere Ende in ein geeignetes Auffanggefäß hängen. Neue (geeignete) Bremsflüssigkeit in den Vorratsbehälter einfüllen. Nun ein paar Mal mit dem Handbremshebel pumpen, um die Bremsflüssigkeit in die Leitung zu drücken. Entlüftungsventil öffnen (ca. 1 Umdrehung, eher weniger), Handbremshebel durchziehen, und Entlüftungsventil wieder schließen. Beim ersten Mal kommt wahrscheinlich nichts raus oder es macht nur leicht pfft wegen der noch vorhandenen Luft. Handbremshebel wieder ganz loslassen, ein paar Mal pumpen, wieder voll durchziehen und das Entlüftungsventil wieder öffnen und schließen. Das ganze solange wiederholen, bis die Bremsflüssigkeit blasenfrei am Entlüftungsschlauch austritt. Zwischendurch nicht vergessen, den Vorratsbehälter wieder aufzufüllen, sonst pumpt man sich Luft ins System.
- Bei Transalps bis einschließlich Baujahr 1993, ist am Handbremszylinder noch ein weiteres Entlüftungsventil vorhanden. Nachdem die Bremsleitung wie oben beschrieben mit Bremsflüssigkeit gespült und entlüftet wurde, hier auch noch einmal kurz entlüften, da die Luftblasen ja nach oben steigen.
- Zuletzt den Bremsflüssigkeitsstand im Vorratsbehälter auf den vorgeschriebenen Wert auffüllen und den Deckel schließen. Alle Anschlüsse und Befestigungen nochmals kontrollieren. Evtl. mit Bremsflüssigkeit in Berührung gekommene Teile mit viel Wasser reinigen. Dann ist eine vorsichtige Probefahrt angesagt. Nach der Probefahrt alle Anschlüsse und den Vorratsbehälterdeckel auf Dichtheit kontrollieren.
Kommentare:
Andy
Hallo liebe Transalp-Freund,
bei Wartung, Reparaturarbeiten an meiner Vorderrad bremse kann ich diese nun nicht mehr endlüften. Dabei mache ich eigentlich alles so weit wie beschrieben. Also an der unteren Entlüftung schraube ein achter Ringschlüssel schlauch drauf geschoben und natürlich auch immer darauf geachtet das genügend Flüssigkeit im Behälter ist. Nun ist es so dass ich wie wild pumpen kann es passiert nix. Gibt es am oberen Teil noch eine Endlüftungsmöglichkeit? Ich habe eine PD 06 Baujahr 1995.
Vielen Dank im Voraus Andy