Hilfe, die Schotten kommen!
28.06. - 14.07.97
von Sabrina Kielreuter
Zwei Frauen, 1 Motorrad (Alp natürlich) und viel Gepäck wollen nach Schottland. Die Wetterprognosen reichten von warmen 25 Grad bis kalten, stürmischen 11 Grad. Tja, da hat man die Qual der Wahl, was packt man ein, von jedem etwas, aber das kann ganz schön viel Kram sein. "Naja, wird schon irgendwie gehen." Dachte ich und belud meine Alp. Ging auch, bis auf anfängliche Schwierigkeiten das Gleichgewicht zu halten. So eine Alp kann ganz schön schwer werden. Die Einzelheiten erspare ich mir.
1. Tag Sa. 28.06.97
Auf ging's, von Berlin nach Hamburg, 30 Grad, Stau auf der Autobahn - schwitz, aber unsere Fähre um 16.30 Uhr haben wir doch noch pünktlich bekommen. Von der Admiral of Skandinavia von Skandinavian Seaways kann ich jedem nur abraten, schweineteuer und hat nichts zu bieten, macht eher einen etwas abgetakelten Eindruck.
2. Tag So. 29.06.97
24 Stunden später: Eintreffen in Newcastle, kalt 13 Grad und Nieselregen. War ja zu erwarten. An das Linksfahren gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Und was man sofort merkt, die Schotten lieben Kreisverkehr. So viele Roundabouts bin ich noch nie gefahren. Also los gings - 1. Etappe Newcastle Edinburgh. Zum eingewöhnen bin ich erst einmal auf dem Motorway 1 geblieben und an der Küste lang gefahren. Bei Berwick-upon-Tweed (schöner Name nicht?) haben wir erst einmal Mittag gemacht. Was nicht ganz so einfach war, denn als Berliner ist man es nicht gewöhnt nur zu bestimmten Tageszeiten etwas zu essen zu bekommen. Die einen hatten schon zu, die anderen noch nicht auf. Aber eine nette alte Lady konnten wir überzeugen uns doch noch etwas zu essen zu servieren. In der Zwischenzeit hatte sich das Wetter auch entschlossen, sich von seiner sonnigen Seite zu zeigen. Da die Strecke knapp 200 km lang war, haben wir leider die vielen schönen Castles am Wegesrand nur im Vorbeiflug gesehen; In 14 Tagen kann man halt nicht alles haben. Um 20.00 Uhr sind wir dann glücklich und zufrieden in Edinburgh eingetroffen.
Dort hatten wir Bekannte besucht, die uns natürlich gleich die Stadt zeigen wollten. Also raus aus den Klamotten und rein ins Getümmel. Edinburgh ist einfach traumhaft, man muß es gesehen haben, beschreiben geht nicht. So sind wir dann auch bis Mittwoch in Edinburgh geblieben und haben das herrliche Städtchen zu Fuß - ja, ja ganz richtig zu Fuß - abgegrast. Das Wetter war uns auch meistens hold. Das Wetter ist übrigens in Schottland wirklich Gesprächsthema Nummer 1, jeder philosophiert, wie es denn nun wird.
5. Tag Mi. 02.07.97
Die 2. Etappe führte uns von Edinburgh nach Inverness (Nessy besuchen). Diese Etappe war ca. 240 Km und brachte uns auf dem Motorway 90 nach Perth und dann auf der Durchgangsstraße 9 ins Landesinnere. Diesmal wurde am Blair Castle Rast gemacht ungefähr auf der Hälfte der Strecke. Von dem Castle haben wir allerdings nicht viel gesehen, denn gerade in dieser Stunde als wir dort waren mußte es in strömen regnen, kalt war es außerdem; Also nur aufwärmen, stärken und weiter. Die Straße Nr. 9 war erstaunlich gut ausgebaut, ich hatte viel Schlimmeres erwartet, so kamen wir dann auch gut vorwärts und waren so gegen 16.00 Uhr in Inverness. Mit Anfahrtsskizze haben wir unser vorgebuchtes Bed & Breakfast (Faulheit siegt) sogar recht schnell gefunden. Auspacken, lossausen und Stadt ansehen. Welch eine Enttäuschung, nach dem wunderschönen Edinburgh war Inverness eher etwas trist, selbst das Castle war nicht so doll. Absoluter Touriort - Muß man also nicht haben.
6. Tag Do. 03.07.97
Das veranlaßte uns natürlich sofort nach dem Frühstück aufzubrechen und die Gegend per Alp zu erkunden. Unser kleiner Dumont Reiseführer schlug uns einen Ausflug nach Cannich (südwestlich von Inverness) vor. Es ging die 862 und die 831 entlang. Aufgrund der 3-stelligen Zahlen kann man Rückschlüsse auf die Größe der Straße ziehen - Einspurig mit Passing Place. Einfach absolut tolle Strecken. Die 831 führt an einem Fluß entlang, Kurve nach Kurve durch grünen Dschungel am Ufer entlang. Eine bessere Beschreibung fällt mir nicht ein. In Cannich angekommen sind wir auf einer Sackgasse ohne Nr. in Richtung Glen Affric unterwegs. Unser Reiseführer dazu "von Cannich führt ein winziges Sträßchen noch einmal etwa 15 Km südwestlich am River Affric entlang ins verwunschene Glen Affric. Hier findet man sich schon nach kurzer Zeit in absoluter Hochlandeinsamkeit unter der selten gewordenen Scots pine, der schottischen Kiefer, und Birken wieder." Und genau an diesem wunderschönen Ort traf ich einen Transalpfahrer aus der Düsseldorfer Gegend. Ich habe Marcus und Freundin Marina natürlich gleich versucht für die Transalpfreunde Deutschland zu gewinnen.
7. Tag Fr. 04.07.97
Diese Tour führte uns nördlich von Inverness über die 862 zum Fall of Shin - ich liebe nämlich Wasserfälle. Leider war der nicht so doll, ich würde ihn eher als Strudel bezeichnen. Außergewöhnlich daran war, daß dort Lachse zu bestimmten Zeiten stromaufwärts springen. - Naja. Loch Ness haben wir uns auch geschenkt, absoluter Tourihorror.
8. Tag Sa. 05.07.97
Die 3. Etappe ging über 220 Km von Inverness zur Isle of Skye. Auf der 82 am Loch Ness vorbei - Nessi kam nicht zum Vorschein - und der 887 kamen wir auf die 87. Es ist einfach gigantisch zwischen nebelverhangenen Bergen hindurch zu fahren. Leider war es dort, wo es so schön neblig war auch recht kalt. Erste Pause legten wir beim Eilean Donan Castle ein - Die trutzige Clanburg diente als Flimkulisse für den Film "Highlander". Absolut super. Weiter gings nach Skye. Über die frisch gebaute Brücke, die natürlich Geld kostet (ca. 2,70 Pfund), gelangt man hinüber. Auf der 850 fuhren wir in Richtung Portree unserem nächsten Bed & Breakfast Stützpunkt. Auf Skye hatten wir uns ganz besonders gefreut, leider spielte gerade hier das Wetter überhaupt nicht mit. Die einzig wirklich schlechten Tage, hatten wir hier. Wir waren ständig auf der Suche nach Pub"s mit guter Folkmusik, allerdings ist uns das bis auf Edinburgh nirgendwo gelungen - und schon gar nicht in Portree. Skye ist generell sehr teuer, aber Portree besonders. Wer also Skye besuchen möchte - möglichst außerhalb eine Übernachtung suchen.
9. Tag So. 06.07.97
Trotz Regen und dichtem Nebel sind wir los, um die Insel zu erkunden. Auf der 855 Richtung Norden. Vorbei am Old man of Storr der vollkommen im Nebel verschwunden war, zu den Kilt Rock Mealt Falls - Wasserfälle mal wieder - Dieser kam auch einem Wasserfall etwas näher, meine Fotos davon sind leider durch entgegenkommenden Regen, nichts geworden. Dafür ein Bild von den sagenhaften Steilküsten in einem regenfreien Moment. Wir sind dann noch bis Staffin hoch gefahren, aber das Wetter wurde immer schlechter und so sind wir dann umgekehrt.
10. Tag Mo. 07.07.97
Die 4. Etappe über ca. 240 Km führte uns nach Oban. Also die 850 wieder zurück, dann auf die 851 bis in die südliche Spitze nach Armadale. Das Wetter blieb weiterhin verregnet und nebelig. Man nennt Skye nicht umsonst die Insel im Nebel. So haben wir auch leider von der Fährüberfahrt nach Mallaig (ca. 11,- Pfund) nicht viel gehabt, außer Nebel. Allerdings wurden wir dann mit der wunderschönsten Strecke der ganzen Tour belohnt - Die "Road of the Isles" 830. Meinem Reiseführer kann ich da nur beipflichten, der sagt: "Eine von Schottlands schönsten Panoramastraßen führt vom Hafenort Mallaig entlang dem wundervollen Loch Eilt und seinen silbernen Stränden von Morar weiter durch unberührte Hochlandberge".
Diese Straße war von der Streckenführung wie achterbahnfahren im Dschungel - und das alles im Nebel - es war traumhaft. Leider, wie das immer so ist mit wunderschönen Sachen, müssen die Einheimischen wieder alles selbst zerstören. Da werden doch wirklich die Planierraupen durchgejagt, um Straßenbegradigungen und Verbreiterungen durchzuführen. Wer diese Straße noch in ihrem fast Ursprung erleben will, sollte sich also beeilen. Dann ging es weiter auf der 82, 828 und 85 an der Westküste in Richtung Süden zum Küstenort Oban. Die ganze Strecke im Regen, bis wir über den letzten Hügel runter an die Küste fuhren. Dort tat sich dann der Himmel auf und es waren sonnige 24 Grad. Mein Reiseführer hat nicht viel übrig für Oban, er klassifiziert ihn als zu touristisch. Da kann ich nicht ganz zustimmen, sicherlich gibt es viele Touristenläden, aber dafür ist dieser kleine Küstenort einfach niedlich. Ich würde ihn beim nächstenmal als Stützpunkt benutzen, um die gegenüberliegenden Inseln Mull, Jura und Islay zu besuchen.
Das haben wir aus Zeitmangel nicht mehr geschafft. Desweiteren warnt mein Reiseführer auch vor den Bed & Breakfast Möglichkeiten entlang der Uferstraße, allerdings konnten wir es uns nicht verkneifen doch diese etwas teurere Variante zu wählen, weil man einen wunderschönen Blick auf den Hafen und die umliegenden Inseln hat. Für jemanden der wie ich alte Häuser liebt, ist Schottland geradezu ein Muß. Wir sind bis Donnerstag in Oban geblieben und das Wetter hat uns mit strahlenden 25 Grad belohnt. Am Abend zog lediglich manchmal der Nebel rein, was absolut super aussah.
11. Tag Di. 08.07.97
Dienstag haben wir einen ausgiebigen Stadtbummel mit Erklimmung des MacCaigs Tower unternommen, von dem man einen wunderschönen Blick über die labyrinthische Inselwelt hat.
12. Tag Mi. 09.07.97
Lieder verzögerte sich unser Start für die ausgiebige Moppedtour in die Umgebung, durch die Sabotage meines Tankrucksackes - Der Reißverschluß ist gerissen. Mit Sicherheitsnadel bewaffnet sind wir dann los. Die 85 nach Norden zum Dunstaffnage Castle - Eine bullige Burgruine des 13. Jahrhunderts - weiter vorbei am Kilchurn Castle - wunderschöne Burgruine - auf die 819 zum Invarary Castle. Stammsitz der Herzöge von Argyll. Nach dem Zustand und der Größe dieses Castles, dürften diese Herrschaften die reinen Ausbeuter gewesen sein.
War mir persönlich aber alles zu touristisch vermarktet. Dann ging es zurück auf der 819 bis Cladich und weiter die Uferstraße des Loch Awe entlang bis nach Ford. Diese Strecke war auch wieder traumhaft, nur sehr anstrengend - einspurig und Kurve an Kurve. Wenn dir da plötzlich so ein PKW entgegen saust, wird dir schon etwas anders. Danach sind wir die 85 wieder hoch nach Norden in Richtung Oban. Die letzte Sehenswürdigkeit für diesen Tag, war die "Bridge over the Atlantik" - kein Witz, da soll wirklich der Atlantik mit einmünden - Eine alte, blümchenbewachsene Steinbrücke auf das Inselchen Seil. Dort haben wir Pause gemacht und in dem einzigen Pub an der Brücke gegessen "Tigh-an-Truish Inn" - sehr zu empfehlen.
13. Tag Do. 10.07.97
Die 5. Etappe war nur ca. 150 Km lang und führte auf der 85 Richtung Osten bis Lochhearnhead dann weiter auf der 84 bis zur 821, die uns bis Aberfoyle, unserem nächsten Stützpunkt brachte. Die 821 hatte es auch in sich, Kurve an Kurve bergab und das voll beladen. Je weiter wir in Richtung Aberfoyle fuhren, je schlechter wurde das Wetter wieder und wir hatten schon die größten Befürchtungen. Als wir um 14.00 Uhr eintrafen, klarte der Himmel aber gerade wieder auf und 1 Stunde später habe ich mich an dem kleinen hauseigenen Steg gesonnt. Die Begrüßung der Wirtsleute war hier besonders herzlich, da der Herr im Haus selbst Motorrad fährt. Dazu muß ich sagen, daß wir überall sehr herzlich aufgenommen wurden. Die Schotten sind ein sehr freundliches Völkchen.
14. Tag Fr. 11.07.97
Einfach nur faul in der Sonne gelegen, war mal nötig. Eigentlich schade, denn diese Gegend hat so viele schöne Strecken, daß einem die Auswahl schon schwer fällt.
15. Tag Sa. 12.07.97
Fertig gepackt, bereit zum losfahren. Die 6. und letzte Etappe in Schottland brachte uns wieder zurück nach Newcastle. Da diese Strecke ca. 300 km lang war, sind wir auch nur Motorway zurück gebraten. Newcastle kann man sich glaube ich, auch noch einmal genauer ansehen. Wir waren allerdings schon so Menschen entwöhnt, daß uns diese doch größere Stadt etwas verschreckt hatte. An unserem letzten Abend haben wir darüber philosophiert, welche Ausrede wohl die Beste wäre, um nicht nach Hause fahren zu müssen.
16. Tag So. 13.07.97
Zurück auf unsere heißgeliebte Fähre. Inzwischen schreckte mich gar nichts mehr und so war die Fahrt auf die Fähre mit Sozius und Gepäck auch kein Thema - wenn ich da noch so an die Hinfahrt denke.
17. Tag Mo. 14.07.97
24 Stunden später waren wir wieder auf Deutschem Boden in Hamburg gelandet - schade eigentlich. Blieb nur noch ab nach Hause - Berlin wartet. Ich hoffe, daß der Eine oder Andere jetzt Lust auf Schottland bekommen hat - es lohnt sich nämlich wirklich.