Zentraltreffen 2000
von Franz-Manfred Schüngel
Nach vielen in den Wind geschlagenen Vorsätzen, mal endlich zu einem Treffen der Transalp-Freunde zu erscheinen, wurde es diesmal endlich was: Durch meinen Umzug nach Darmstadt war ich in der letzten Zeit etwas stark vereinnahmt worden, dieses Wochenende war daher reserviert, um mal ein bisschen Spass zu haben und ein paar der Leutchen zu sehen, die ich - teilweise sogar schon etwas länger - aus dem Internet-Forum kenne. Schliesslich liegt Reichenbach im Odenwald nur einen Katzensprung von meinem neuen Zuhause weg.
Am Donnerstag, den 22.6.00 machte ich mich so bei zweifelhaftem Wetter mit meiner völlig ungepflegten Alp auf den Weg. Schlick und Lehm stehen einer Alp zwar gut ins Gesicht, so dass man eh vor einem Treffen nicht stundenlang rumwienern muss, aber meine war wegen Nichtbenutzung ein wenig eingestaubt, und das war mir peinlich. Aufgrund meiner Faulheit, eine gescheite Route zu planen, und einem gewissen Talent für das Übersehen von Hinweisschildern erreichte ich Reichenbach auf einer Route, die ungefähr doppelt so weit war wie die kürzeste Fahrstrecke, und konnte mich so schon im Voraus an den schönen Odenwälder Strassen erfreuen. Auch in Reichenbach fand ich mich nicht gleich zurecht und erreichte das Naturfreundehaus über den Vogellehrpfad, auf den mich befragte Anwohner nach einem abschätzenden Blick auf meine Alp vertrauensvoll geschickt hatten. Endlich angekommen, meldete ich mich bei Barbara und Frank an und beeilte mich, mein Zelt aufzustellen, da die Wetterlage nicht gerade rosig aussah. Als es stand, tauchte Ondolf auf, dessen Namen ich endlich mit einem Gesicht verlinken konnte. Der angekündigte Regen blieb den ganzen Tag aus, so dass das Grillen im Freien stattfand.
Kaum hatte ich mich am nächsten Morgen aus dem Schlafsack geschält und zum Frühstück geschleppt, musste ich feststellen, dass ich einer der letzten war und gerade noch was zu essen bekam. Kaffee zumindest gabs reichlich, und das Wetter sah prima aus. Ich wollte die kleinere der angebotenen Touren durch den Odenwald mitfahren, die mir zum Eingewöhnen genau richtig schien. Mir steckte - durch das Vernachlässigen meiner Alp in letzter Zeit - noch ein wenig die Winterschräglage in den Knochen, so dass ich das Tempo am Anfang ganz schön zügig fand. Die Strecke durch den Odenwald war prima ausgesucht, kurvenreich und mit einer überraschend langen legalen Schotterpiste durch den Wald. Leider gucken Wanderer meist etwas böse, wenn ein Motorrad kommt, und beim zweiten noch böser. Da auch die folgenden etwa zehn Motorräder die Wanderer nicht zu beruhigen vermögen, sollte ganz hinten jemand mit Gussfelgen fahren, dem man keinen Stock in die Speichen stecken kann. Kurz vor dem Grenzübertritt nach Bayern gab es Mittagsrast in einem etwas verwahrlosten Biergarten. Auch sonst gab es zahlreiche Halts um Kleinigkeiten einzukaufen oder die Suzukis zu reparieren. Zur Kaffeezeit wurde noch die Ruine Rodenstein angesteuert. Der Tag fand im Naturfreundehaus seinen kulinarischen Abschluss mit Odenwälder Spezialitäten; Handkäs und Kochkäs mit Musik sind zwar nicht jedermanns Sache, aber ich finde langsam Gefallen daran. Wahrscheinlich muss ich das auch, wenn ich in dieser Gegend auf Dauer überleben will. Später gab es natürlich noch ein Lagerfeuer, und eine Fackelwanderung zum Felsenmeer war geplant. Trotz ortskundiger Sherpas und GPS-Navigationsgeräten geriet der Fackelzug jedoch zu einem leicht planlos anmutenden Waldspaziergang; als letzlich der richtige Weg gefunden wurde, war die Anziehungskraft der Schlafsäcke dann doch grösser als die des Felsenmeeres. Später wurde mir eindrücklich (aber nicht sehr glaubwürdig) versichert, dass das Felsenmeer gar nicht Ziel der Wanderung gewesen sei.
In der folgenden Nacht fing es ordentlich an zu regnen, und meine Vermutung, dass die Wolke am Morgen doch mal alle sein müsste, erwies sich als falsch. Also wurde erst einmal ausgedehnt gefrühstückt. Ich schloss mich danach dem allgemeinen Rumstehen und An-den-Himmel-gucken an, während vier Unerschrockene zur Odenwaldtour aufbrachen. Um halb elf hatte sich das Wetter jedoch so weit gebessert, dass es zur Spessart-Tour losgehen konnte. Das Tempo schien mir noch etwas höher als am Vortag, aber da der Winter für mich nun beendet war, hatte ich zunehmend Spass an der Sache. Gegen Mittag fuhren wir dann auf eine grosse schwarze Front zu und wurden auf der Rückseite der nächsten Hügelkette auch prompt eingeschifft. Nach einem Tankstopp wurde daher eine Verpflegungsstation angesteuert, wo grosse Mengen Hähnchen und Apfelschorle geordert wurden. Nach dem Verzehr der Vögel schien die Sonne wieder, und es ging zügig weiter. Durch den vielen Regen war der Boden einer romantischen Waldpiste sehr aufgeweicht und rutschig, so dass ich stellenweise meine liebe Mühe hatte. Später machte ein langer Schotterabschnitt mit herrlichem Ausblick klar, dass Christa nicht zu viel versprochen hatten. Als der Regen erneut einsetzte, fuhren wir gerade an einem italienischen Restaurant vorbei. Da es geschlossen hatte, flüchteten wir uns unter einen grossen Sonnenschirm auf der Terasse, worauf der Italiener findig seinen Laden aufschloss und eine Runde Capuccino verkaufte. Letztlich ging es nach einem weiteren Schotterabschnitt noch links ab in ein Baugrundstück. Der tiefe, weiche Boden war sehr schwierig zu fahren, beim Blick in den Rückspiegel sah ich Gernots DR Big von unten. Für Stollenreifen gabs auch keinen Bonus, nach ein paar Metern hatten alle Lehmslicks. Zurück gings durch ein Neubaugebiet, vorsichtiges Fahren war angesagt, da an den Reifen der Dreck noch dick klebte. "Die Strasse ist frisch gefegt!!!" brüllten die Anwohner aus den Fenstern, was ich nicht verstehen konnte, denn sie sah überhaupt nicht so aus. Abends gab es noch Chilli zum Essen und Dias von Uwe zu gucken. Er musste erst eine Kawa durch halb Tunesien tragen, bis er erkannte, was so eine Transe doch für eine feine Sache ist; dafür weiss er es jetzt ganz genau.
Am Sonntag herrschte Aufbruchstimmung. Nach dem Frühstück packte ich mein nasses Zelt zusammen, es war ziemlich kalt geworden. Nach kurzem Abschied machte ich mich wegen des schlechten Wetters zügig auf den Weg. Regnen tats aber erst, nachdem ich Zuhause angekommen war, im Rahmen dieses leider sehr mässigen Sommers hatten wir mit dem Wetter wirklich Glück. Mir hat das Treffen viel Spass gemacht, es wird bestimmt nicht das einzige bleiben.